Stichwort #Irland (IV)

#Buchhandlungen

Wenn mein Mann von unseren Familienurlauben berichtet, kommen irgendwann unweigerlich launige Geschichten darüber, wie er die Zeit, in der ich nur noch schnell einen Blick in eine Buchhandlung werfen wollte, damit verbracht hat, in der Zeitschriftenabteilung alles Verfügbare über das Angeln zu lesen, in der Cafeteria alle Kuchen durchzuprobieren oder sich vor der Tür mit dem Sicherheitspersonal anzufreunden. Diesmal war ich alleine unterwegs, ich musste also auf niemanden Rücksicht nehmen, konnte von einer Buchhandlung in die nächste pilgern und dort stundenlang Regale durchforsten und Klappentexte lesen. Das Ergebnis waren 11 kg Bücher, die per Post ihren Weg nach Wien fanden, und ein ziemlich guter Überblick über die Buchläden in Galway und Dublin. Einige davon möchte ich Euch hier vorstellen.

#DubrayBooks

Dubray Galway entrance
Dubray Books, Galway

Von früheren Irlandreisen war mir vor allem die Buchhandelskette Dubray Books in Erinnerung geblieben. „Buchhandelskette“ hat ja keinen besonders guten Klang, aber Dubray ist kein multinationaler Konzern, sondern ein Familienunternehmen mit 8 Filialen im Großraum Dublin, Kilkenny und Galway, das seinen Namen der Tatsache verdankt, dass sich das Stammhaus in Bray, einem Küstenort südlich der Hauptstadt, befindet.

 

Das Angebot ist so umfassend, wie man es von derartigen Anbietern gewöhnt ist, das Personal ist sehr freundlich und kompetent, und das Ambiente der von den Farben Blau und Türkis dominierten Filialen finde ich sehr einladend. Als besonderen Service, den ich auch schon genutzt habe, bietet Dubray im Online-Shop signierte Exemplare von Neuerscheinungen an. Zu bezahlen ist nur der übliche Ladenpreis, das Porto innerhalb der EU beträgt 8 Euro.

 

#Eason

Eason portal Galway
Eason & Son Ltd., Galway

Eason & Son Ltd. ist ebenfalls eine Kette und mit 34 Filialen und 16 Franchisepartnern der größte irische Anbieter für Buch- und Papierwaren. Bibliophile werden die Filialen nicht ganz so sexy finden wie die anderen hier vorgestellten Buchläden. Trotzdem sind sie einen Besuch wert: Großzügig angelegt, übersichtlich, hell und freundlich richtet sich das Angebot vor allem an jene, die aufs Geld schauen müssen. Auch Booker Prize Nomminée Sally Rooney lässt ihre von Geldnöten geplagte Ich-Erzählerin Frances in Conversations with Friends bei Eason’s einkaufen. Familien finden hier nicht nur Urlaubslektüre und Sachbücher für jeden Themenbereich, sondern auch Schulbücher und Schreibwaren. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf Kinder- und Jugendbüchern, das hat mir die Geschäfte sehr sympathisch gemacht. Den Online-Shop habe ich noch nicht ausprobiert, aber die Homepage ist so übersichtlich und einladend wie sonst keine und liefert verlässlich eine Antwort auf die Frage „Was könnte ich als nächstes lesen?“

 

 

#HodgesFiggis

HF Portal
Hodges Figgis, Dublin

Zu besonderen Gelegenheiten geht aber auch Sally Rooneys Protagonistin Frances  nicht zum Diskonter. Stattdessen setzt sie für ihre Weihnachtseinkäufe auf ein gediegenes Ambiente: Hodges Figgis wurde 1768 gegründet und ist damit die älteste Buchhandlung Dublins. Das elegante Geschäftslokal in 56-58 Dawson Street, nur wenige Schritte vom Trinity College entfernt,  wirkt so altehrwürdig, als sei die Buchhandlung schon die letzten 250 Jahre hier zu finden gewesen, aber in Wirklichkeit ist sie erst 2015 an diese Adresse übersiedelt. Aus Anlass des heurigen Jubiläums hat die Irish Times einen Artikel über die Firmengeschichte veröffentlicht. Darin wird darauf hingewiesen, dass Hodges Figgis, wie könnte es anders sein, auch in James Joyce‘ Ulysses Erwähnung findet.

 

 

 

In einer durchschnittlichen Buchhandlung sind etwa 15.000 Titel verfügbar, bei Hodges Figgis sind es über 70.000, und zu jedem beliebigen Zeitpunkt stehen über eine Million Bücher in den Regalen. Diese Bücher werden hier nicht einfach verkauft, sondern zelebriert. Dabei versteht es sich fast von selbst, dass der Schwerpunkt auf irischer Literatur liegt. Es gibt Tische für Sonderthemen wie „Irish Crime“ oder Klassiker wie At Swim Two Birds, und auch einzelnen Autor*innen wie John McGahern ist ein eigener Tisch gewidmet.  Freundlich und hilfsbereit sind die Ir*innen immer und überall, und so wird Kundenservice natürlich großgeschrieben, aber die Buchhändler*innen hier nehmen sich auch Zeit für Plaudereien über Literatur und haben treffsichere Empfehlungen parat. Ein Blick auf die Homepage war allerdings ein bisschen ernüchternd: Auch Hodges Figgis ist keine unabhängige Buchhandlung, sondern gehört  zu Waterstones, mit 250 Filialen größter Buchhändler auf den Britischen Inseln. Damit ist diese irische Institution im Besitz eines russischen Oligarchen – seufz!

#TheGutterBookshop

Gutter Dalkey
The Gutter Bookshop, Dalkey

The Gutter Bookshop ist hingegen ein echter Independent und wurde 2017 im Rahmen der British Book Awards sogar als bester Independent Bookshop in Irland und Großbritannien ausgezeichnet. Die Buchhandlung eröffnete 2009 in der Cow’s Lane in Dublins Vergnügungsviertel Temple Bar, ziemlich genau auf halbem Weg zwischen Ha’Penny Bridge und Christ Church Cathedral. 2013 kam eine Filiale im Küstenort Dalkey etwas südlich der Hauptstadt dazu. Dalkey ist der Heimatort von Maeve Binchy, und entsprechend hat die dortige Filiale auch alle Romane der 2012 verstorbenen ChickLit-Autorin im Angebot. Das ist aber eine Konzession an die zahlreichen Maeve Binchy-Fans, die hierher kommen.  Das Kerngeschäft ist anspruchsvolle Gegenwartsliteratur, wovon auch die Staff Picks zeugen, deren Besprechungen teilweise online verfügbar sind. Der von der Buchhändlerin empfohlene Krimi von Sam Blake war ein Volltreffer. Die Aktivitäten des Gutter Bookshop gehen weit über das Verkaufen von Büchern hinaus: In beiden Niederlassungen finden nicht nur Buchpräsentationen  und Veranstaltungen im Rahmen von Literaturfestivals statt, es gibt auch mehrere Book Club-Runden und verschiedene andere kulturelle Events.

 

 

#MarrowboneBooks

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Marrowbone Books, Dublin

Marrowbone Books, ebenfalls ein Independent jenseits des Mainstream, ist ein Secondhand-Buchladen im Dubliner Stadtteil The Liberties und verdankt seinen Namen der nahegelegenen Marrowbone Lane. Lilly, die Inhaberin, erzählt, es habe einiger Überzeugungsarbeit beim Vermieter bedurft, bis sie und ihr Freund die Buchhandlung vor zirka einem Jahr eröffnen konnten. Auch wenn oder vielleicht gerade weil das Geschäft genau wie die Umgebung an einem Samstag Nachmittag im Hochsommer ein wenig verschlafen wirkte, man möchte hier bleiben und oft wiederkommen, um zwischen Grünpflanzen das wohlsortierte Angebot zu durchforsten. So ruhig wie an diesem Tag ist es hier aber nicht immer. Einmal im Monat findet ein Musikevent statt, und die Buchhandlung bietet darüber hinaus einen originellen Service: ein Abo, bei dem jedes Monat ein nach den Vorlieben des Abonnenten ausgesuchtes Buch gemeinsam mit einer Ausgabe der Stadtzeitschrift Dublin Inquirer per Post verschickt wird.

 

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Quelle: Twitter @MarrowboneBooks

#CharlieByrneBookshop

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Charlie Byrne’s Bookshop, Galway

Charlie Byrne’s Bookshop hätte ich möglicherweise verpasst, wenn ich nicht kurz vor meinem Urlaub noch einen Jack Taylor-Krimi gelesen hätte. Ken Bruens Antiheld ist Expolizist, Alkoholiker und bekennender Bücherjunkie. In seinem neunten Fall als Privatdetektiv kreuzt er zwischen Verbrecherjagd und Krankenhausaufenthalt zur Entspannung mit einer Bücherwunschliste bei Charlie Byrne’s  auf und plaudert dort mit Vinny, dem Manager, nachdem der ihm das Gewünschte herbeigeschafft hat. Dass diese Buchhandlung kein fiktiver Ort ist, sondern in der Middle Street im Zentrum Galways tatsächlich existiert, hat mich nicht verwundert, aber dass ich dort wie Jack Taylor von Vinny Browne bedient wurde, war dann doch eine eher ungewöhnliche Erfahrung, obwohl der sich seine literarische Berühmtheit nicht anmerken lässt, sondern einfach seinen Job macht.

 

Bei Charlie Byrne einzukaufen ist so, als bekäme man in einer Zentralbücherei die Gelegenheit, jedes beliebige Buch im Regal zum Sonderpreis zu erwerben. Über 100.000 Titel werden angeboten, die meisten davon second-hand, aber es gibt auch handverlesene neue Bücher zum Schnäppchenpreis und den einen oder anderen aktuellen Bestseller. Sachbücher, Science Fiction, klassische und moderne Literatur, Kinderbücher – alles steht in einer Abfolge von großzügig angelegten Räumen so wohlgeordnet in den Regalen, dass man ganz ohne Katalognummer jeden gewünschten Titel schnell finden kann.

 

Aber einen bestimmten Titel zu suchen ist eigentlich nur etwas für griesgrämige Typen wie Jack Taylor. Wenn man wirklich Spaß haben möchte, lässt man sich einfach von Abteilung zu Abteilung treiben, stöbert in den Regalen mit den Lieblingsbüchern der Angestellten oder den Koffern mit Spezialschwerpunkten und stößt dabei auf Bücher, von deren Existenz man noch nie oder nur vor langer Zeit einmal gehört hat. Diese kann man sich dann zum Selbstkostenpreis per Post nach Hause schicken lassen. Ich habe für meine Lieferung 34 Euro Porto bezahlt – deutlich günstiger als der Übergepäcktarif von Aer Lingus.

 

Wem guter Kaffee wichtiger ist als eine große Auswahl an Büchern, dem empfehle ich das Renzo Gallery Café in der Eyre Street. Dort hat man bei Pannini und anderen italienischen Köstlichkeiten Gelegenheit, die von Charlie Byrne’s Bookshop bestückten Bücherregale nach passendem Lesestoff zu durchstöbern.

 

 

Mein Fazit: Eine Irlandreise ohne Besuch in einer Buchhandlung ist wie eine Italienreise ohne Ristorante und Pizzeria. Jeder einzelne Laden beweist: Die Ir*innen lieben ihre Literatur. 

 

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